Montag, 15. Juni 2009

Der Clown Johann Posiadlo

Hans Voelkner schreibt:
...Vater war Zirkusartist. Von jener Sorte, die man heute nur noch äußerst selten findet. Er hatte die ganze Welt gesehen und sich in fast allen Genres der Artistik versucht. Seitdem er mit Käthe Voelkner, meiner Mutter, zusammenlebte, arbeitete er als Akrobat, Äquilibrist und Steptänzer. Im Repertoire war auch eine komische Einlage. Eine Humsdibumsdi-Nummer nannte Vater das.

Er war ein überdurchschnittlicher Artist, und der Name Oldais, unter dem wir auftraten, war bekannt. Vater war stolz darauf, einer der wenigen zu sein, die den Rondat-Flick-Flack-doppelt-Salto beherrschten, ein Sprung, der den Sportfreunden von den Bodenturn-Wettkämpfen her bekannt ist, damals jedoch zu den Seltenheiten gehörte.

Er liebte die vollendete Arbeit, war aber jähzornig und konnte Wutanfälle bekommen, wenn die Übungen nicht so klappten, wie er es wollte und für notwendig hielt. Ehe er einmal eine Probe ausfallen ließ, mußte er wirklich sehr krank sein. Beim Training war er unerbittlich. Mein Bruder und ich, die von klein auf zu Artisten erzogen wurden, folgten ihm jedoch, da er der erste war, der sich dieser Härte unterwarf. (S.8)

Und - geht es denn vorrangig um die Vergangenheit? Die Vergangenheit hat doch nur wirklich Bedeutung, soweit sie uns hilft, die Zukunft zu begreifen und zu meistern. War das nicht auch die Lehre, die mir Mutter in jener Dezembernacht des Jahres 1942 mitteilen wollte: Die Zukunft muß unser sein! (S.227)


Der Clown und Artist Johann Posiadlo war Kommunist und Mitglied der "Roten Kapelle". Er wurde 1943 von der SS in einem Pariser Café verhaftet, ins "Reich" verschleppt und wenig später in Plötzensee ermordet. (Quelle: Hans Voelkner, Salto mortale, Berlin 1989)

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