Mittwoch, 3. Dezember 2008

Der Mantel

von Nikolai Gogol

Ein armer Schreiber will seinen alten Mantel ausbessern lassen. Er bringt ihn zum Schneider. Der aber lehnt es ab, ihn zu reparieren, und schlägt ihm vor, den herrlichen Mantel zu kaufen, der im Schaufenster ausgestellt ist. Der Schreiber macht Überstunden und Überstunden, um diesen Wunsch verwirklichen zu können. Er ist nur noch von diesem Gedanken besessen. Nach langen Jahren kann er sich endlich seinen Traum verwirklichen, und nun scheint alles um ihn verändert. Als er in dem kostbaren Mantel im Büro erscheint, wird er der Mittelpunkt des Interesses seiner Kollegen. Man lädt ihn zu einer Gesellschaft ein, die ihm zu Ehren veranstaltet wird. Auf dem Rückweg von dieser Festlichkeit überfallen Banditen den Schreiber, die ihm den Mantel rauben und so in einem Augenblick die kurze Wirklichkeit eines langen und schmerzlichen Traumes zerstören.


(zit. nach Marcel Marceau, Die Weltkunst der Pantomime, Berlin, 1956, S.20)

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