Der bürgerliche Historiker G. Ritter äußerte einmal sinngemäß: "Gewiß: den letzten Sinn der Geschichte als Ganzes vermögen wir nicht zu verstehen; den kennt Gott allein."
Schon Goethe wußte: Das Beste, was wir von der Geschichte haben, ist der Enthusiasmus, den sie erregt. Für seinen Zeitgenossen Herder bestand Sinn und Ziel der Geschichte in der Verwirklichung der Humanität, bei Lessing war es die Erziehung der Menschen zur Verwirklichung der Weltvernunft und bei Hegel das Fortschreiten des Geistes zum Bewußtsein der Freiheit.
Nun - der Gang der GESCHICHTE ist alles andere als zufällig. Er verläuft gesetzmäßig und ist erkennbar als eine unaufhaltsame Entwicklung der Menschheit vom Niederen zum Höheren, auch wenn es mitunter Rückschritte gibt - dem Menschen ist dabei keineswegs nur die Rolle eines passiven, außenstehenden Betrachters zugedacht. Er ist kein ein willenloses Objekt, ist nicht ein Spielball der Geschichte. Als vernunftbegabtes Wesen ist er zugleich deren eigener Gestalter. Denn im Unterschied zum Tierreich gehen die Menschen in der Arbeit miteinander und zueinander bestimmte Verhältnisse ein, d.h. sie verfolgen bestimmte Zwecke. Sie besitzen schließlich die Fähigkeit zum abstrakten, begrifflichen DENKEN und sind damit imstande, ihre Situation zu erkennen, um sie bewußt zu verändern. Gerade das verleiht ihrem Handeln den SINN.
Der Sinn der Geschichte besteht mithin im nutzbringenden HANDELN der Menschen, welches sich entsprechend dem aktuellen Kräfteverhältnis der jeweils zueinander in Beziehung stehenden Klassen von Individuen realisiert. Die Verwirklichung von Freiheit, Frieden, Arbeit, Wohlstand und Glück - und zwar für alle Menschen - das ist letztenendes des Menschen historische Mission.
Der Mensch vermag sehr wohl den letzten Sinn seines Handelns, und damit auch den letzten Sinn der Geschichte "als Ganzes" zu verstehen. Das Vakuum, welches auszufüllen im obigen Spruch einem Gott zugedacht ist, besteht möglicherweise also nur im Kopfe desjenigen, der etwas derartiges von sich gibt. (G.J.)
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