Donnerstag, 6. September 2018

Das Ernste und das Unernste



Nun ist es ja nicht so, daß Clowns fernab von allem Streit, weit weg von all den Sorgen und Nöten dieser Welt, auf einer "Insel der Seligen" leben. Schön wär's, nicht wahr? Wenn der Vorhang gefallen ist und der Applaus geendet hat, ist der Clown auch nur ein Mensch. Nichts besonderes, wird man denken. Und immer lustig sein, wer kann das schon. Ja... ein paar wenige Clowns gibt es schon noch. Und sie brauchen das Publikum wie die Luft zu Atmen. Da schrieb mir doch neulich eine Clownerin (oder wie sagt man da eigentlich? ... Clownin, Clownerine?*) aus Österreich den folgenden schönen Text:


Liebes Publikum,

daß ernste Dinge ernst zu nehmen wären und unernste nicht, ist ein tiefsitzendes, naives Mißverständnis der Menschheit, und die Arbeit von Clowns wird meist automatisch den unernsten Dingen zugerechnet und also nicht ernst genommen.

Das ist weiter nicht schlimm, damit kann man leben.

In Wahrheit befaßt sich die Clownerie aber AUCH und GERADE mit den ERNSTEN Seiten des menschlichen Lebens, wenngleich aus UNERNSTER PERSPEKTIVE und mit UNERNSTEN MITTELN. Sie beleuchtet den Menschen als lächerliches Wesen; und zwar nicht nur ANDERE Menschen, sondern JEDEN und JEDE. Vor allem: jedes ICH. Die Faustregel, der man dabei im Großen und Ganzen vertrauen darf, lautet: je ernster sich jemand nimmt, desto lächerlicher ist er oder sie.

Und zweifellos begünstigt der Geist unserer Epoche trotz aller Rede von der Spaßgesellschaft - die Ernsthaftigkeit. Ihr Druck lastet SCHWER auf uns und unseren Zeitgenossen. Heutzutage MUSS und WILL man sich ernst NEHMEN und ernst genommen WERDEN. Insofern kann man nicht darüber klagen, daß es zu wenig Lächerlichkeit in der Welt gäbe. Aber in dieser Entwicklung steckt andererseits eine FATALE Bedrohung. Doktrinäre, Ideologen und Fundamentalisten sind Avantgardisten und Meister des Sich-ernst-nehmens. Sie LACHEN NICHT über sich. Sie kennen – wenn überhaupt – nur das Lachen über Andere. Das aggressive Lachen. Die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen, bedeutet nämlich auch: sich relativieren zu können. Sie bedeutet: MENSCHLICH zu sein. Der Verlust dieses reflexiven Lachens ist ein Verlust an Menschlichkeit.

Text: www.theater-ole.at

(Danke Tanja!) 


Ja - die Menschlichkeit...

Was soll man dazu sagen? Ich denke auch, daß die Menschlichkeit das wichtigste im Leben ist. Wenn sie zerstört wird, gibt es auch keine Kunst mehr. Denn das Lachen wächst (wie auch die Kunst) nur auf fruchtbarem Boden. Und was braucht es dazu mehr als ein glückliches Leben. Das funktioniert aber nur, wenn nicht ein paar wenige sich auf Kosten aller anderen bereichern – so wie das heute leider wieder ist. Denn da gibt es wenig zu lachen...

Heinrich Heine schrieb:

Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O freunde, will ich euch dichten:
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.

Wir wollen auf Erden glücklich sein
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben

(aus: Deutschland - ein Wintermärchen)
   

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*nebenbei bemerkt: Der Genderismus ist auch so ein Schwachsinn. oder sagen Sie vielleicht auch schon (und schreiben sogar): "Äff*innenliebe", "Säufer*innenwahn" oder "Bär*innendienst"? Im Russischen ist es einfach. Da sagt eine Frau: "Я врач" (Ich bin Arzt). Oder: "Я инженер" (Ich bin Ingenieur). Und jeder wird wissen, daß die Frau kein Mann ist.

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