Samstag, 25. Februar 2017

Woher kommt das Lachen?

"Wahre geistvolle Geselligkeit ist ohne Humor gar nicht denkbar" [1], sagte Jean Paul. Aber ist denn Clownerie eigentlich nicht viel mehr als nur Geselligkeit, als Spaß und geistreiche Unterhaltung? Sollte ein Clown nicht auch anregen zum Mitdenken, zum Nachdenken? "Die Komödie", schrieb der revolutionär-demokratische russische Philosoph und Kunsttheoretiker Wissarion Belinski (1811-1848), "erfordert einen tiefen und scharfen Blick bis auf den Grund der gesellschaftlichen Moral. Dabei ist es notwendig, daß der humoristische Beobachter durch seine Einsicht über den Dingen steht." [2] Was kann man von einem Clown besseres verlangen, als daß er über den Dingen steht! Sein Anspruch sollte also höher sein... 

Nun gibt es allerdings verschiedene Arten des Lachens. Harmlose und billige Witzchen, die man heute überall findet, hat Belinski damit ganz sicher nicht gemeint. Und auch wenn gesellschaftliche Widersprüche einem zunächst erst einmal die Tragik der Situation bewußt machen - Komisches befreit und Komisches ermutigt! Darin besteht die große Kunst und auch die Chance der Clownerie: sie verschafft Erkenntnisse und sie macht Mut. Jurij Borew schreibt:

Komik der Situationen

Dort, wo ein gesellschaftlicher Widerspruch vorhanden ist, gibt es immer zwei miteinander im Kampf liegende Seiten. Eine der Seiten des Widerspruchs ist immer konservativ, schlecht und niedrig. Sie ist auch diejenige, die die objektive Grundlage für die Kritik und insbesondere auch für die Anwendung der Waffe des Lachens, für die besondere emotionale Kritik in sich enthält. 

Das Komische in der Wirklichkeit wird durch die gesellschaftlichen Widersprüche hervorgebracht. Das Komische in der Kunst ist das Resultat ihrer Erfassung der Darstellung: Ein gesellschaftlicher Widerspruch, wenn er nur irgendwie wesentlich ist, muß notwendigerweise wenigstens unentwickelte Elemente des Komischen enthalten. ...

Die Komik der Darstellung

Wirklich kann eine Handlung nur dann zutiefst komisch sein, wenn sie „mit vollem Ernst“ ausgeführt wird, wenn der Mensch seine eigene Komik nicht bemerkt. Das ist für die Schauspielkunst besonders wichtig.  Je ernster der Schauspieler sich zu den komischen Schicksalen seines Helden verhält, je tiefer er sich in ihn hinein versetzt und sich die gesamte Logik im Verhalten der Figur zu eigen macht, desto tiefer ist die Behandlung des komischen Wesens der Rolle.

Quelle: Jurij Borew, Über das Komische. Aufbau Verlag Berlin (DDR) 1960, S.103/ 125.

[1] Jean Paul, Ausgewählte Werke, Bd.3, Otto Hendel Verlag, Berlin o.J., S.202. 
[2] Wissarion Belinski, Sämtliche Werke, Moskau 1955, Bd.VIII, S.68 (russ.). 

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