Mittwoch, 23. September 2009

Mein Credo

Meine Lebenswahrheit heißt Wirkung; Wirkung auf die Entwicklung unserer Gesellschaft. Hegel sagt: "Glücklich ist derjenige, der sein Dasein seinem besonderen Charakter, Wollen und Willkür angemessen hat und so in seinem Dasein sich selber genießt." Das bezeichnet der Philister als Egoismus. Aber Feuerbach sagt: "Ich verstehe unter Egoismus die Liebe des Menschen zu sich selbst, d.h. die Liebe zum menschlichen Wesen, die Liebe, welche der Anstoß zur Befriedigung und Ausbildung aller Triebe und Anlagen ist, ohne deren Befriedigung und Ausbildung er kein wahrer, vollendeter Mensch ist und sein kann."

Denn Kunst ist meinem Offenbarungsdrang Natur, durch meine subjektive Betrachtungsweise gefiltert. Man muß, das bestätigen die Kollegen, auf den Proben dabeigewesen sein, um dieses Credo zu verstehen. ...

Der Regisseur

hat seine Vision als Kontur, aber die Farben bringt ihm der Schauspieler. Das ist ein gemeinsames Abenteuer in jeder Probe, in der der "Realisateur" alle inneren Kräfte der Darsteller mobilisiert und herausholt, was in ihnen ist, um mit dem Ergebnis "einem größeren Geist in Ehrfurcht und Bescheidenheit zu dienen".

Diese "Malerwerkstatt" wird Seufzer hören, harte, vielleicht auch laute Worte, aber unproduktive Auseinandersetzungen wird es nicht geben. Das Fundament aller künstlerischen Arbeit ist Disziplin. Oft muß der Regisseur viele Persönlichkeiten auf einen Nenner bringen. Stanislawski sagt ganz klar dazu: "Ohne militärische Strenge ist hier kaum Ordnung zu halten." Und "Stellen Sie sich vor, was geschehen würde, wenn es dem Regisseur nicht gelingen sollte, die Zügel in die Hand zu bekommen ... Ordnung und Aufmerksamkeit des ganzen Kollektivs zu verlangen." Stilprägendes Schaffen ist nur so erfolgversprechend. Dixi!

Martin Hellberg, Im Wirbel der Wahrheit, Berlin 1978, S. 355f.

Der politisch engagierte Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter Martin Hellberg (*31.1.1905 in Dresden + 31.10.1999 in Bad Berka) wurde in der DDR insbesondere durch den Film "Lotte in Weimar" bekannt, in dem er neben Lilli Palmer die Rolle des Geheimrats von Goethe spielte. An der Seite von Klaus Maria Brandauer spielte er in dem Film "Mephisto" die Rolle des Max Reinhardt.

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