Vergeblich wird man eine Sammlung von Clowns-Entrées suchen. Niemand hat sich der Mühe unterzogen, die Personen, die Antworten, die szenischen Spiele und die Lazzi zu notieren, die einer Form des Theaters angehören, die vielleicht einmal verschwinden wird - wie auch der Zirkus selbst, ohne dessen Rahmen sie ihre Daseinsberechtigung verlieren würde.
Mit dem Aussterben der "großen Familien", die von Generation zu Generation Akrobaten, Clowns und Kunstreiter hervorbrachten und die das Können aller ihrer Mitglieder verwendeten und so das Entstehen ganzer Schauspiele sicherten, steht zu befürchten, daß das Clowns-Repertoire allmählich in Vergessenheit gerät. Menschen zum lachen zu bringen ist ein Handwerk mit verschiedenen Techniken. Die Artistenkinder, die seit ihrer frühesten Jugend in Kontakt mit der Familienmannschaft stehen, werden ganz natürlich die bewährtesten Techniken wieder aufnehmen. Sie wissen, "was zieht" und "was die Leute kalt läßt". Viele Clowns, die heute als Amateure in den Zirkus gekommen sind, haben ihr Handwerk vom Zufall und ohne den Geist der Tradition gelernt. Wie sollen sie auch so ohne weiteres die beruflichen Qualitäten ihrer Vorgänger haben können, die von einem Meister ausgebildet waren, der mit dem Instinkt des Stammes die Unterschiede von Gesten, von Posen und Situationen spürte und der es verstand, die Klippen zu vermeiden, die seine Väter schon zu umgehen wußten?
Tristan R é m y (Septmber 1962)
Quelle: Tristan R é m y, Clownnummern, Henschelverlag Berlin 1989, S.64.
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