Was ist
eigentlich ein Clown?
Nachbetrachtungen
zu einem Zeitungsfoto
Als
ich kürzlich die Zeitung aufschlug, war ich nicht schlecht
erschrocken: DAS sollen Clowns sein? Da lautete schon die Überschrift
reichlich bedrohlich „Clown mit Kettensäge“ [1]. Nun weiß ich
natürlich nicht, ob ein Clown jemals ein solches martialisches
Instrument in seinem Requisitenkoffer mit sich herumschleppte, doch
eines war mir klar: der Clown ist alles andere als ein Ganove. Von
alters her war der Clown schon immer ein Spaßmacher, ein
Publikumsliebling, ein Freund der Kinder und Erwachsenen – und
nicht selten der unbestrittene Höhepunkt einer Zirkus-Vorstellung.
Oder
eben anders gesagt: ein „Sympathieträger“, wie es ein
Künstleragent mir gegenüber einmal äußerte. Dem stimme ich
uneingeschränkt zu. Denn „Spaß“ auf Kosten der Zuschauer ist
keine Clownerie. Niemals gab es in der Geschichte der Clownerie
solche perversen „Entgleisungen“ wie die, welche seit einiger
Zeit aus den USA zu uns herüberschwappen. Da gibt es eine ganze
Verbrecherkartei von „Unbekannten“, die des Nachts an dunklen
Ecken bunt kostümiert und mit böse grinsenden Masken unbescholtene
Bürger überfallen und Kinder erschrecken...
Und
ich kenne die Geschichte der Clownerie ziemlich genau. Viele berühmte
Clowns haben sich im Laufe der Jahrhunderte in das „Goldene Buch“
der Clownerie eingeschrieben, haben die Menschen zum Lachen und zum
Nachdenken gebracht, haben parodiert, imitiert und veralbert, haben
ihren Schabernack getrieben oder einfach nur witzige Situationen
vorgeführt. Sie haben ihr Publikum geachtet – und sie wurden
geliebt und bewundert.
Berühmte
und beliebte Clowns...
Da
gab es (und gibt es!) Clowns im Zirkus und auf der Bühne, Clowns im
Krankenhaus und im Seniorenheim, Clowns im Theater und im Varieté,
Clowns im Kindergarten, Clowns auf Geburtstagsfeiern und bei großen
Gala-Veranstaltungen. Viele berühmte Namen könnte man da nennen:
Grimaldi, Grock und Charlie Chaplin, Gardi Hutter und Clown Dimitri,
Karandasch und Slawa Polunin, Galetti, Juri Nikulin und Oleg Popow,
Charlie Rivel, Clown Nuk, Ankeblümli und Clown Clemil, Rainer König,
Eddi und Locci und nicht zuletzt Clown Ferdinand. Man kann sie gar
nicht alle aufzählen. So reich ist die Vergangenheit an Schönem,
Lustigem und Bewegendem. Berühmt waren vor allem die sowjetischen
Clowns. Weniger schön, doch wohl aber lustig waren auch solche
„traurigen Clowns“ wie der etwas heruntergekommen aussehende
amerikanische Trampclown Otto Griebling, der in den USA große
Erfolge feierte. Einen „Horrorclown“, wie diese in der Zeitung,
gab es unter denen jedoch nie.
Der
Schriftsfteller Heinrich Böll hat versucht, in seinem Buch
„Ansichten eines Clowns“ gewissermaßen das „Innere“ eines
Clowns zu beleuchten. Er stellt einen traurigen Clown dar, was schon
ein wenig widersprüchlich ist, denn auch der Clown ist ja nicht eine
„gespaltene Persönlichkeit“, sondern ein lebendiger Mensch mit
all seinen Stärken und Schwächen, seinen Freuden und Leiden, seiner
Zärtlichkeit und seinem Spott, und er will vor allem die Menschen
zum Lachen bringen – und nicht zum Weinen. So daß man eigentlich
nicht davon reden kann, wie Böll es tut: „Ich langweile mich über
mich selbst.“ [2] Das ist kein Clown, sondern eine tragische Figur!
Worin
liegt nun das Geheimnis des Clowns?
In
ihrem Buch „Clown und Zeit“ schreibt Natalia Rumjanzewa: „Clowns
sind doch überdurchschnittliche Schauspieler und waren immer
beliebt.“ Und weiter: „Natürlich ist die Kunst des Clowns sehr
kompliziert, und seine Gestalt läßt sich nicht in den Rahmen einer
Zirkusvorstellung pressen, denn sie besteht in unserem Bewußtsein
unabhängig von den Vorgängen während dieser Vorstellung. Wir
können sogar konkrete Gags dieses Clowns vergessen, aber wir
erinnern uns, wie er gegangen ist, wie er sich umgedreht hat, wie er
gelächelt hat, was für einen Gesichtsausdruck er hatte, und wir
finden darin etwas sehr Komisches und uns Vertrautes. Für uns
symbolisiert der Clown das Lachen.“ [3]
So
sind gute Clowns also immer eine Bereicherung. Sie sind der Grund für
Spaß und Heiterkeit, und sie geben allemal auch Grund zum
Nachdenken. Was kann man Besseres darüber sagen als Paul Cézanne:
„Meinen
Harlekin habe ich gemalt,
weil
ich die Zeit, in der ich lebe,
verstehen
wollte.“
CLOWN
GERRIT
[1] Siehe Ostthüringer Zeitung vom 22. Oktober 2016, Seite 8.
[2] Heinrich Böll: Ansichten eines Clowns. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1967, Seite 101.
[3] Natalia Rumjanzewa: Clown und Zeit. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1989, Seiten 7 und 9.
Lies dazu auch: wipokuli
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Und das bin ich:
Clown Gerrit - der unbestrittene Publikumsliebling bei einer Veranstaltung in Meppel (Holland)
(P.S. Dieser Artikel von mir wurde am 08.11.2016 in der Ostthüringer Zeitung abgedruckt. Ein Honorar erhielt ich dafür jedoch nicht. Nicht einmal ein Wort des Dankes...)