Freitag, 23. Dezember 2011
Samstag, 10. Dezember 2011
Слава Полунин - мастер клоунады
В 2007 году жители Петербурга выбрали самого знаменитого мастера клоунады в мире королем городского карнавала, во время которого Полунин устроил небывалое представление: его костюм, крылья парящих ангелов и даже верблюд – все было украшено лебяжьим пухом. После праздника маэстро разбил на пляже Петропавловской крепости огромный шатер и в течение двух недель дважды в день показывал свое легендарное «сНежное шоу».
Я каждое утро просыпаюсь, смотрю в зеркало и говорю себе: «Надо же, какой ты счастливый человек!» Я всегда нахожу в мире, в людях, в работе удовольствие, поэтому мне легко быть счастливым.
Понять, кем я хочу быть, мне помог Чарли Чаплин. Когда я первый раз увидел, что можно делать в немом кино, каким можно быть пронзительным, трагичным, смешным, как можно все это в себе совмещать, я сразу подумал: «Хочу быть таким, как он».
Время от времени у любого артиста, и у меня тоже, случаются провалы. Они обязательно должны случаться, чтобы тебя встряхивало. Иначе ты начинаешь превращаться в непроницаемую каменную глыбу, в памятник самому себе. Вот недавно я выступал в Шанхае. И вроде все было хорошо: полный зал зрителей, все довольны. Но я не получил никакого удовольствия от своего выступления, поскольку зрители не поняли меня, они хлопали просто потому, что я известный артист. Для меня это провал.
Мне всегда страшно, что меня не поймут. Вот я приезжаю в новый город, везде афиши с десятиэтажный дом. Люди пришли в надежде увидеть что-то нереальное, и тут выходит старый хрыч и начинает что-то там показывать…
Настоящий творец должен уметь вовремя почувствовать, когда делает что-то не то, остановиться, переосмыслить свои идеи и понять, что не так. Иногда я беру паузу дней в десять, сажусь на берегу озера и думаю, куда двигаться дальше.
Я встречал тех, кто считает, что клоунада и перформанс – не искусство. Меня это не раздражает. В любой сфере есть много ограниченных людей. И ждать, что каждый тебя поймет и полюбит, – глупо.
Я давно не отделяю жизнь от искусства. Для меня это одно целое.
Я каждое утро просыпаюсь, смотрю в зеркало и говорю себе: «Надо же, какой ты счастливый человек!» Я всегда нахожу в мире, в людях, в работе удовольствие, поэтому мне легко быть счастливым.
Понять, кем я хочу быть, мне помог Чарли Чаплин. Когда я первый раз увидел, что можно делать в немом кино, каким можно быть пронзительным, трагичным, смешным, как можно все это в себе совмещать, я сразу подумал: «Хочу быть таким, как он».
Время от времени у любого артиста, и у меня тоже, случаются провалы. Они обязательно должны случаться, чтобы тебя встряхивало. Иначе ты начинаешь превращаться в непроницаемую каменную глыбу, в памятник самому себе. Вот недавно я выступал в Шанхае. И вроде все было хорошо: полный зал зрителей, все довольны. Но я не получил никакого удовольствия от своего выступления, поскольку зрители не поняли меня, они хлопали просто потому, что я известный артист. Для меня это провал.
Мне всегда страшно, что меня не поймут. Вот я приезжаю в новый город, везде афиши с десятиэтажный дом. Люди пришли в надежде увидеть что-то нереальное, и тут выходит старый хрыч и начинает что-то там показывать…
Настоящий творец должен уметь вовремя почувствовать, когда делает что-то не то, остановиться, переосмыслить свои идеи и понять, что не так. Иногда я беру паузу дней в десять, сажусь на берегу озера и думаю, куда двигаться дальше.
Я встречал тех, кто считает, что клоунада и перформанс – не искусство. Меня это не раздражает. В любой сфере есть много ограниченных людей. И ждать, что каждый тебя поймет и полюбит, – глупо.
Я давно не отделяю жизнь от искусства. Для меня это одно целое.
Slawa Polunin – ein Meister der Clownerie
Im Jahre 2007 wählten die Einwohner von St. Petersburg den berühmtesten Meister der Clownerie in der Welt zum König des Karnevals, als Polunin – der selbst nicht anwesend war – sein Kostüm, und sogar das Kamel, die Flügel der schwebenden Engel, alles war mit Schwanenfedern geschmückt. Nach dem Feiertag wurde am Ufer der Peter-Paul-Festung ein riesiges Zelt aufgeschlagen, wo der Maestro im Laufe zweier Wochen täglich zweimal seine berühmte "SnowShow" aufführte.
Ich wache jeden Morgen auf, sehe in den Spiegel und ich sage mir: "Wirklich, was bist du doch für ein glücklicher Mensch!" Ich habe auf der Welt, mit den Menschen und bei der Arbeit stets Vergnügen, deshalb fällt es mir leicht, glücklich zu sein.
Um zu verstehen, wer ich sein will, half mir Charlie Chaplin. Als ich ihn das erste Mal sah, daß man im Stummfilm so durchdringend, so tragisch und so komisch sein kann, und wie man das alles auf sich vereinen kann, dachte ich sofort: "Ich will so einer sein, wie er."
Von Zeit zu Zeit hat jeder beliebige Künstler, und so auch ich, mal einen Mißerfolg. Das muß auch unbedingt geschehen, damit es dich aufrüttelt. Andernfalls beginnst du, dich in den undurchdringlichen Steinblock, in ein Denkmal zu verwandeln. Ich trat vor kurzem in Shanghai auf. Und tatsächlich lief alles gut: der Saal war voller Zuschauer, alle waren zufrieden. Aber ich hatte keinen Spaß mehr an meiner Vorstellung, da haben die Zuschauer mich nicht verstanden, sie applaudierten einfach, weil ich ein bekannte Künstler bin. Für mich war das ein Mißerfolg.
Es ist immer furchtbar für mich, wenn ich nicht verstanden werde. Da komme ich in eine fremde Stadt, überall hängen die Plakate an den Hochhäusern über zehn Etagen. Die Menschen sind in der Hoffnung gekommen, etwas Unwirkliches zu sehen, und dann kommt so ein alter Knacker und beginnt dort etwas vorzuführen...
Ein wahrer Künstler soll beizeiten verstehen, wenn er etwas nicht so macht, wie er soll, wenn er stehenbleibt, und er soll über seine Ideen nachdenken, wenn etwas nicht so läuft. Manchmal nehme ich mir eine Pause von 10 Tagen, setze mich an das Ufer eines Sees und denke darüber nach, wohin ich mich weiter bewegen will.
Ich bin auch denen schon begegnet, die Clownerie und Performance nicht für eine Kunst hielten. Das stört mich nicht. Auf jedem beliebigen Gebiet gibt es viele beschränkte Menschen. Und zu erwarten, daß jeder dich versteht und liebgewinnen wird, ist einfach dumm.
Ich trenne seit langem nicht mehr das Leben von der Kunst. Für mich das ein Ganzes.
Ich wache jeden Morgen auf, sehe in den Spiegel und ich sage mir: "Wirklich, was bist du doch für ein glücklicher Mensch!" Ich habe auf der Welt, mit den Menschen und bei der Arbeit stets Vergnügen, deshalb fällt es mir leicht, glücklich zu sein.
Um zu verstehen, wer ich sein will, half mir Charlie Chaplin. Als ich ihn das erste Mal sah, daß man im Stummfilm so durchdringend, so tragisch und so komisch sein kann, und wie man das alles auf sich vereinen kann, dachte ich sofort: "Ich will so einer sein, wie er."
Von Zeit zu Zeit hat jeder beliebige Künstler, und so auch ich, mal einen Mißerfolg. Das muß auch unbedingt geschehen, damit es dich aufrüttelt. Andernfalls beginnst du, dich in den undurchdringlichen Steinblock, in ein Denkmal zu verwandeln. Ich trat vor kurzem in Shanghai auf. Und tatsächlich lief alles gut: der Saal war voller Zuschauer, alle waren zufrieden. Aber ich hatte keinen Spaß mehr an meiner Vorstellung, da haben die Zuschauer mich nicht verstanden, sie applaudierten einfach, weil ich ein bekannte Künstler bin. Für mich war das ein Mißerfolg.
Es ist immer furchtbar für mich, wenn ich nicht verstanden werde. Da komme ich in eine fremde Stadt, überall hängen die Plakate an den Hochhäusern über zehn Etagen. Die Menschen sind in der Hoffnung gekommen, etwas Unwirkliches zu sehen, und dann kommt so ein alter Knacker und beginnt dort etwas vorzuführen...
Ein wahrer Künstler soll beizeiten verstehen, wenn er etwas nicht so macht, wie er soll, wenn er stehenbleibt, und er soll über seine Ideen nachdenken, wenn etwas nicht so läuft. Manchmal nehme ich mir eine Pause von 10 Tagen, setze mich an das Ufer eines Sees und denke darüber nach, wohin ich mich weiter bewegen will.
Ich bin auch denen schon begegnet, die Clownerie und Performance nicht für eine Kunst hielten. Das stört mich nicht. Auf jedem beliebigen Gebiet gibt es viele beschränkte Menschen. Und zu erwarten, daß jeder dich versteht und liebgewinnen wird, ist einfach dumm.
Ich trenne seit langem nicht mehr das Leben von der Kunst. Für mich das ein Ganzes.
Dienstag, 18. Oktober 2011
Quo vadis „Clown“ ?
Ein Ausblick auf das ENDE der Clownerie.
Wie in diesem Bild zu sehen ist, befindet sich die „Clownerie“ (oder was man dafür halten mag!) in einer Phase des Niedergangs. Sie ist nicht mehr die unbeschwerte, geistreiche und dabei vergnügliche Unterhaltung wie in ihren besseren Zeiten, und erst recht nicht mehr der ironische oder gar satirische Ausdruck eines irgendwie gearteten, kritischen Zeitgeistes. Kinder haben meist ein sehr sicheres Gefühl für Gut und Böse. Hier ist es so: Der „Clown“ mutiert zum Kinderschreck und die Komödie flacht ab zum inhaltsleeren Geplänkel. Nicht einmal die Kunst vermag mehr eine Vision davon zu vermitteln, wie künftige Generationen miteinander umgehen sollten. Es herrscht Verwirrung. Nicht nur das ist unerträglich! Und es ist so, wie Abraham Lincoln schon sagte:
„Man kann alle Menschen für einige Zeit zum Narren halten und einige Menschen für alle Zeit, aber man kann niemals alle Menschen für alle Zeit zum Narren halten.“
Das allerdings ist keinesfalls die „Schuld“ der Narren selber, sondern vielmehr das Ergebnis einer durch und durch morbiden Gesellschaft. Was auch heißt: Nicht nur Politiker, Ökonomen, Psychologen, Moderatoren und andere selbsternannte Experten sind mit ihrem „Latein“ am Ende, sondern auch Künstler, Maler, Theatermacher und – horrible dictu! – Clowns. Wo in aller Welt gibt es noch gute Clowns? Und wo in aller Welt gibt es noch Menschen, denen man das glauben kann, was sie tun? Das Gedächtnis der Menschheit für Lösungen schwindet dahin, und ein Gefühl von Machtlosigkeit breitet sich aus. Sinnvolles Handeln setzt Erkenntnisse voraus. Und die Erkenntnis fällt eben nicht NICHT vom Himmel. Oder sagen wir es einmal anders: „Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt, ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.“ (MARX) Es ist die erlebte Wirklichkeit, die das Denken prägt. Erst dann setzt das bewußte Handeln ein. Allein die Musiker werden wohl alle Zeiten überdauern...
Montag, 11. Juli 2011
Der Fotograf Andrej Pawlytschew
Ja, das waren noch Zeiten, als die Fotografie darin bestand, ein "durch Licht erzeugtes Bild mit Hilfe einer Kamera auf einer lichtempfindlichen Schicht chemisch festzuhalten und sichtbar zu machen". Das waren Zeiten, als die lichtempfindliche Schicht noch aus einer Gelatine bestand, in der winzig kleine Silber-bromidkristalle gleichmäßig verteilt waren, welche dann in einem chemischen Prozeß auf einem speziellen Fotopapier verewigt wurden, um sie der Nachwelt zu überliefern. Eine Digitalkamera speichert heute mehrere Tausend Fotos auf einem winzigen Chip, was aber das einzelne Bild durchaus nicht wertlos macht. Im Gegenteil. Die Kunst der Fotografie besteht heute vor allem darin, das Wesentliche sichtbar zu machen, sei es in Farbe, Form oder Gestalt. Und das Bild zwingt den Betrachter, innezuhalten und darüber nachzudenken. Und wenn von Tausend Bildern eines nur gelungen ist, so sagt dieses eine eigentlich viel mehr aus, als man mit Worten ausdrücken kann.
Andrej Pawlytschew ist ein solcher Fotograf, dem es gelingt, sehr bemerkenswerte Momente, amüsante Details und beinahe schon symbolische Konstellationen einzufangen. Fast verträumt beobachtet er den Schatten eines Geländers, eine verbogene Dachrinne oder zwei spielende Kinder, immer jedoch hat er einen fast pathetischen Blick für das Unwiederholbare, das Seltsame, das Schöne. Und das spiegelt sich auch in den Farben seiner Bilder wider, die nicht selten bis ins Bizarre überhöht sind.
Andrej Pawlytschew ist ein solcher Fotograf, dem es gelingt, sehr bemerkenswerte Momente, amüsante Details und beinahe schon symbolische Konstellationen einzufangen. Fast verträumt beobachtet er den Schatten eines Geländers, eine verbogene Dachrinne oder zwei spielende Kinder, immer jedoch hat er einen fast pathetischen Blick für das Unwiederholbare, das Seltsame, das Schöne. Und das spiegelt sich auch in den Farben seiner Bilder wider, die nicht selten bis ins Bizarre überhöht sind.
Wenn Andrej Landschaften fotografiert, oder wenn Menschen auf seinen Bildern zu sehen sind, immer scheint der Fotograf den Moment für die Ewigkeit festhalten zu wollen. Die Aufnahmen strahlen eine Ruhe aus, die fast schon wieder beunruhigend ist. Es sind Bilder von einer unbestimmten Sehnsucht, die alles andere als nostalgisch ist; Andrej ist Realist – und er hat (ähnlich wie ein Clown) einen fotografischen Instinkt für das scheinbar Nebensächliche, was nun doch auch wieder so bedeutsam erscheint. Die Komik einer Situation werden wir im Bild jedoch vergeblich suchen.
Als 2010 in Tjumen das Festival "Сны Улиц" stattfand, wich Andrej uns kaum von der Seite. Durch den LCD-Monitor seiner Kamera beobachtete er jede Bewegung, jeden interessanten Ablauf des Geschehens. Vielleicht war der Inhalt der Inszenierung auch nicht immer von Bedeutung, Andrej jedenfalls hatte stets seine eigene Interpretation...
Als 2010 in Tjumen das Festival "Сны Улиц" stattfand, wich Andrej uns kaum von der Seite. Durch den LCD-Monitor seiner Kamera beobachtete er jede Bewegung, jeden interessanten Ablauf des Geschehens. Vielleicht war der Inhalt der Inszenierung auch nicht immer von Bedeutung, Andrej jedenfalls hatte stets seine eigene Interpretation...
Man mag darüber nachdenken, ob hier die Geister über die Clownerie gesiegt haben, oder ob die weisende Hand wie selbstverständlich auf das Naheliegende deutet, was oft so schwer zu erkennen ist. Die gesichtslose Maske mit dem farblosen Gewand scheint beschützend den Arm um den Clown gelegt zu haben, sein erschreckter Gesichtsausdruck deutet aber auf etwas ganz anderes hin. Der Fotograf läßt hier die Frage offen...
Ein guter Clown ist ein Spiegel seiner Zeit...
Wenn man bei "facebook" oder in anderen Netzwerken nachschaut, wird man eine Unmenge eigenartiger Gestalten mit bunt geschminkten Gesichtern vorfinden, die sich als "Clowns" bezeichnen. Wir finden diesen Begriff in allen Sprachen der Welt:
Clown مهرج Payasos Клоун Pallasso Klaun Klovn دلقک Klaŭno Badut Pagliaccio ליצן Bohóc കോമാളി Palhaço Klovni Palyaço
Doch was ist das eigentlich: ein Clown?
Die Geschichte verweist uns auf zahlreiche Beispiele künstlerischer Einmaligkeiten, auf Darbietungen und Charaktere von unwiderstehlicher Komik und Ausstrahlung, die vom Publikum belacht und schließlich sogar verehrt wurden. Unvergänglich sind Namen wie Grimaldi, Debureau, Chaplin, Karandasch, Grock, Nikulin, Marceau, Popow und Polunin. Nicht immer waren es die buntbemalten Gesichter und die vielfarbigen Kostüme, von denen die größte Wirkung ausging. Es waren vielmehr diejenigen Akteure mit einem tiefen Verständnis für die Schönheiten und die Tücken ihrer Zeit, in welcher sie lebten. Sie vermittelten den Zuschauern das Gefühl, verstanden worden zu sein, was diese sogleich mit einem vielstimmigen Lachen quittierten. Ein Clown ohne Publikum ist nicht vorstellbar, wohl aber eine Wiese ohne Blumen. In dem Buch "Clown und Zeit" schreibt N.M.Rumjanzewa:
...geniale Clowns, die einer ganzen Zuschauergeneration als Symbol für die Clownkunst dienen könnten, gab es immer nur wenige. Ein Clown bietet keine neuen Ideen an, entdeckt keine Wahrheiten, aber seine Worte, ja sogar seine unausgesprochenen Gedanken versteht jeder. Und jedem von uns ähnelt er... Bei ihm versteht man alles. Nur eines nicht: Worin liegt nun eigentlich das Geheimnis seines Erfolges? Worin liegt das Geheimnis seiner Figur? Denn so ein Geheimnis gibt es. Die Zuschauer machen sich darüber natürlich keine Gedanken. Sie kommen in den Zirkus, um zu lachen und zu staunen. Auch die Kunstwissenschaftler haben sich lange keine Gedanken darüber gemacht. Auf den ersten Blick mag es seltsam anmuten, daß es Aufzeichnungen über die Arbeit von Clowns erst seit etwa hundertfünfzig Jahren gibt, nachdem die stationären Zirkusse eröffnet wurden. Hat denn die Kunst der Clowns wirklich erst im vergangenen Jahrhundert ernsthaftes Interesse ausgelöst?
Gute Clowns sind doch überdurchschnittliche. Schauspieler und waren immer beliebt. Clowns und Spaßmacher werden in Berichten über wichtige historische Ereignisse unterschiedlicher Epochen, in Chroniken und Memoiren erwähnt, und sie scheinen auch gar nicht eine so einfache Rolle gespielt zu haben, wie wir uns das heute bequemerweise vorstellen möchten, das heißt so, als hätten sie die Würdenträger und Herrscher nur unterhalten. Es sind Fälle bekannt, in denen sich Monarchen mit ihren Hofnarren berieten und auf deren Intuition, Geist und Aufrichtigkeit ohne weiteres vertrauten. Dazu zwei aufschlußreiche Anekdoten: Als der neunjährige französische König Ludwig XIII. den Thron bestieg, meinte Kardinal Richelieu, nun brauche der junge König noch einen neuen Hofnarren, da er sich sonst in den Staatsgeschäften schlecht zurechtfinden würde. Und Ludwig IX. verschob den Kreuzzug nach Ägypten um mehrere Stunden, da sich sein Hofnarr verspätete. »Wenn sich mein Hofnarr verspätet, bedeutet dies, daß die Zeit zum Aufbruch noch nicht gekommen ist«, erklärte er.
Zufällige Fakten, Kuriositäten und Launen der Großen dieser Welt? Aber ähnliche Fakten wiederholten sich allzu oft, um nur Zufälle sein zu können. Übrigens erzählt eine weitere Legende, als Ludwig XIV., der Sonnenkönig, ausrief: »Der Staat bin ich«, hätte sein Hofnarr schallend losgelacht, sich am anderen Tage ein kleines Häuschen gezimmert, eine Papiersonne über den Kopf gehängt und habe dann das Häuschen mit Füßen getreten. Der Staat bin ich, also tue ich, was ich will – so legte er die Worte des Königs aus. Ludwig verstand das, lachte und sagte: »Und mein trefflicher Hofnarr ist der Spiegel des Staates.« Damit hatte er eines fast richtig getroffen:
Ein guter Clown ist ein komischer Spiegel seiner Zeit.
Buch: Natalia Rumjanzewa, Clown und Zeit, Henschelverlag, Berlin 1989, S.7-8.
..Настоящих клоунов ... которые могли бы служить символом искусства клоунады для целого поколения зрителей, всегда мало. Клоун не предлагает новых идей, не открывает истин, и каждое его слово, даже невысказыванная мысль совершенно понятны. И он так похож на каждого из нас... В нём всё понятно. Кроме одного: в чем всё-таки секрет его успеха? В чём тайна маски клоуна? Тайна эта есть. Об этом слишком долго не задумывались искусствоведы. И зрители об этом не задумываются. Они приходят в цирк, чтобы смеяться.
На первый взгляд кажется странным, что записи о работе клоунов, статьи в прессе, имеющие искусствобеческую ценность, появились всего лет сто пятьдесят назад, после открытия стационарных цирков. Неужели только я прошлом веке (зн. в ХIХ. веке, G.J.) искусство клоунов стало взывать серьёзный интерес? Но почему?.. Ведь хорошие клоуны – это незаурядные актёры. И клоунов любили всегда. Упоминания о клоунах встречаются в рассказах о важнейших исторических событиях разных эпох, в хрониках, мемуарах. И, похоже, они играли не только для развлечения вельмож и государей. Известны случаи, когда монархи советовались со своими любимцами, вполне доверяя их интуиции, уму и искрености. Любопытный факт: при выступлении девятилетнего французского короля Людовика ХIII. на престол будущий кардинал Ришелье сказал, что надо, чтобы у молодого короля был новый шут, иначе он не будет плохо разбираться в государственных делах. А Людовик IX Святой отложил крестовых поход в Египет на несколько часов из-за опоздани шута. Он сказал, что, если опаздывается его шут, значит, ещё не время выступать.
Случайные факты, мелочи, шутки, наконец, капризы великих мира сего, не так ли? Но такие факты слишком часто повторялись, чтобы относиться к ним только как случайностям. Кстати, ещё одна легенда рассказывает, что, когда Людовик XIV, Король-Солнце, воскликнул: «Государство – это я», его шут громко захохотал. На другой день смастерил маленький домик и бумажное солнце. Солнце он повесил у себя над головой, а домик стал поддавать ногами. «Государство – это я» – значит, что хочу, то я и делаю. Так трактовал он слово короля. Людовик понял, засмеялся и добавил: «А вот мой славный шут – это зеркало государства». Клоун – это комическое зеркало времени. Так точнее было бы сказать сегодня.
Н.М.Румянцева, Клоун и время, М. "Искусство" 1989, стр.1-2.
Mittwoch, 20. April 2011
Der Zirkus im Wandel der Zeit
Kürzlich erschien in der Zeitung ein Artikel über den eskalierenden Konkurrenzkampf zweier konkurrierender Zirkusfamilien. Das ist ein bedauerlicher Vorfall, zumal es gerade in diesem Beruf auf Hilfe und Verläßlichkeit, auf Kameradschaft und artistische Fairness ankommt.
Soviel ich weiß, ist in den letzten Jahren nicht mehr viel über die gegenseitige Hilfe und kameradschaftliche Zusammenarbeit geschrieben worden, wie sie beispielsweise für den Sowjetischen Staatszirkus, charakteristisch waren. Ältere Artisten, die das noch miterlebt haben, können sehr wohl davon berichten. Da gab es zwar auch mal diesen oder jenen kleinen Streit, aber es gab einfach keine derartig eskalierenden Auseinandersetzungen, wie sie heute unter konkurrierenden Zirkusunternehmen üblich sind. Und dabei ist eine solche Entwicklung für heutige Verhältnisse ganz und gar zwangsläufig.
"Der Artist", so schreibt Mario Turra, "der bis dato – vergleichbar mit einem Familienhandwerksbetrieb – mit Frau und Kindern in einer klapprigen Marignotte durch die Lande zog, um als Seiltänzergesellschaft – vielleicht noch mit ein oder zwei von ihm ausgebeuteten Eleven – sein armseliges Leben zu fristen, wird nun durch durch freie Marktwirtschaft gezwungen, in größeren Gruppen aufzutreten. Er muß gegenüber dem Theater konkurrenzfähig werden, das bereits einige Zeit vorher denselben Schritt getan hatte. Der frühere Prinzipal wird zum Direktor, der sich mit der Zeit alle Eigenschaften eines kapitalistischen Industrie-Unternehmers aneignet.
Ohne diesem Zirkusdirektor nun alle künstlerischen Amitionen abstreiten zu wollen, ist dessen Ziel jedoch, möglichst viel zu verdienen, um seinen Zirkus konkurrenzfähig erhalten zu können, damit er sich und seine Familie gut ernähren und auch noch einen 'Notgroschen' fürs Alter zurücklegen kann. Er braucht also das gutsituierte Bürgertum, das ihm die Kassen füllt. Aber er weist auch den Pfennig des Proleten nicht zurück, denn 'Kleinvieh macht auch Mist'. Das weiß er noch aus der Zeit, in der er mit dem Teller sammeln ging." ¹
Die Gründe für diese gewalttätigen Auseinandersetzungen, die sich kürzlich in Regensburg ereigneten, sind also – und das sei hier zur Ehrenrettung dieses Berufs gesagt – keineswegs in der "Gewaltbereitschaft" der Artisten zu suchen. Sie liegen vielmehr in den sich verschlechternden Verwertungsbedingungen der artistischen Berufe. Soviel künstlerisches Geschick, und soviel Sensibilität auch erforderlich sein mögen – eine Zusammenarbeit im Sinne kameradschaftlicher Arbeitsbedingungen kann und wird es nur geben, wenn die Menschlichkeit über den privaten Egoismus siegt. Vorerst jedoch ist den Beteiligten zu raten, sich nicht gegenseitig zu bekriegen, sondern gemeinsam etwas gegen die Ursachen dieses Zustandes zu unternehmen, und – wie der Clown sagt:
EIN LÄCHELN HILFT (nicht) IMMER !
EIN LÄCHELN HILFT (nicht) IMMER !
¹ Mario Turra, Das Lachen des Clowns, Henschelverlag, Berlin, 1972, S.43
Donnerstag, 14. April 2011
Der Clown und sein Publikum
Clown Gerrit in Neuruppin |
Es gibt kaum eine Verbindung zwischen Menschen, die unkomplizierter, unmittelbarer und freundlicher wirkt, als ein Lächeln. Der professionelle Clown ist ein Meister dieses Fachs. Er ist ein Brückenbauer. Mit der Sprache der Pantomime bringt er Menschen miteinander in Kontakt. Ein Blickkontakt, ein Wink, und eine Lächeln huscht über's Gesicht – wer könnte dem widerstehen...
Der Clown geht auf das Publikum zu, ob alt oder jung – er bezieht die Menschen ein in sein wortloses Spiel. Mit seinem großen Koffer ist Clown Gerrit nicht zu übersehen. Er trägt ihn mit Leichtigkeit. Mühelos schlüpft er in verschiedne Rollen – den Spaziergänger, den Zahnarzt, den Kellner und den Beamten, den Lehrer oder den Touristen. (...) Und es sind nicht nur die großen, weltbewegenden Dinge, welche Menschen miteinander verbinden – oft sind es auch schon kleine Gesten. Es ist die Achtsamkeit, die Hilfe und die Freundlichkeit, um Vorurteile und Mißverständnisse aus dem Weg zu räumen und eben jene Brücken zu bauen, über die man sicher gehen kann.
Dienstag, 12. April 2011
Die Erinnerungen eines Clowns
Nicht selten haben Clowns etwas aufgeschrieben über ihre Erlebnisse, Erfahrungen, über ihre Sicht auf die Dinge dieser Welt. Die Erinnerungen eines Clowns sind immer von besonderem Interesse, einmal – weil der Clown auf seine Weise eine bestimmte Lebensphilosophie verkörpert, zum anderen – weil das Publikum gerne wissen möchte, wer hinter dieser Maske steckt: Ist er ein lebenslustiger, ist er ein trauriger Mensch? Woher nimmt er seinen Humor? Oder ist er doch eine Art Lebenskünstler?
Was ist der Clown für ein Mensch?
Sicher gibt es heute eine Unmenge falscher Vorstellungen über diesen Beruf, es gibt Klischees, die niemals zutreffen, die sich aber dennoch hartnäckig halten. Und es gibt Verzerrungen und Abarten, die dem Image des Clowns alles andere als zuträglich sind. Man könnte den Clown aufgrund seiner gespielten Naivität für naiv, für einfältig halten. Doch das ist – glaube ich – eine Unterschätzung. Das Staunen des Clowns vermag scheinbar Selbstverständliches in Zweifel zu ziehen, es hinterfragt und stellt einige "unumstößliche Gewißheiten" erneut auf den Prüfstand der Vernunft Ist der Clown nun ein "Querdenker", der abweicht vom "Mainstream"? Nun – der Clown wundert sich, und er provoziert damit Heiterkeit. Das so erzeugte Lachen ist gewissermaßen ein Abschied von den falschen Verhaltensweisen der Vergangenheit. Ganz ähnlich geht es mit der Parodie. Das Schöne daran ist – sie ist sehr leicht verständlich. Man lacht und nimmt nicht übel. Also muß der Clown wohl klüger sein, als er sich gibt? Zweifellos! Die Satire bietet viele Möglichkeiten der Erkenntnis. So ist der Clown ein Kritiker, einer, der sich selbst nicht so ernst nimmt, der seine Fehler korrigiert, oder auch nicht. Doch das Publikum versteht es und lacht darüber. Der Clown selbst ist eine Kunstfigur. Doch ohne den Menschen, der dahinter steckt, der seine Lebensfreude und seinen Spaß in diesen Beruf mit einbringt, wäre Clownerie nicht denkbar und wohl auch nicht machbar.
Über eine Abart des Komischen
Eine etwas andere Art von Komik ist die, welche Unaufrichtigkeit und Falschheit ins Lächerliche zieht. Eine solche Rolle ist wohl eher dem Hofnarren zugedacht, der eine gewisse Freiheit besaß, seiner Obrigkeit den Spiegel vorzuhalten. Nicht selten haben kluge Despoten sich Narren zum Berater auserkoren. Der Narr lacht über etwas, was eigentlich abgeschafft werden sollte, und er erntet – ob seiner Ehrlichkeit – dafür mitunter sogar die Zustimmung des Hofstaats. Da wird belächelt statt verurteilt, verharmlost statt bekämpft. Und die Sache ist vergessen! Diese Art von Komik ist recht weit verbreitet, denn sie lenkt ab vom Wesentlichen, spielt Gefahren herunter und führt das Publikum in die verkehrte Richtung. Sie führt zum Spaß, anstatt zur Einsicht. So kann der Hofnarr über eigentlich verwerfliche Zustände und über unmenschliche Verhaltensweisen locker herziehen und das Publikum zum Lachen bringen. Er spielt eine etwas zwiespältige Rolle, fürwahr! Hält er jedoch die Obrigkeit zum Narren, verliert er seinen Kopf. Von nicht weniger unguter Art ist auch das Lachen über menschliche Gebrechen. Beides hat mit Clownerie nicht viel zu tun.
Der Schatten des Clowns
Doch was wäre ein Clown ohne einen Partner. In der Nachbemerkung zum Buch von Max Embden "Im Schatten eines Clowns" schreibt Gisela Winkler:
Erinnerungen eines langjährigen Partners des großen Clowns Grock sind in doppelter Hinsicht reizvoll: Sie vermitteln in Anekdoten und gedanklicher Auseinandersetzung ein Bild dieses Künstlers und einen Eindruck von der Zusammenarbeit mit ihm. Aber ein zweiter Aspekt erwächst aus dem Vergleich mit Grocks Memoiren, die er in mehreren Fassungen veröffentlichte (1930 unter dem Titel »Grock, ich lebe gern!«, 1951 »Ein Leben als Clown« und 1956 »Nit mö-ö-ö-glich«). In diesen Memoiren geht Grock kaum einmal auf das Problem der Partnerschaft ein, er erwähnt höchstens einmal, wenn er den Partner gewechselt hat. Aus seiner Sicht ist nur die Brauchbarkeit des Mitspielers interessant, dessen eigene Entwicklung scheint für Grock unwichtig. Diese gewisse Ichbezogenheit äußert sich auch in vielen Widersprüchen zwischen seinen Memoiren und den Erinnerungen Max Van Embdens.¹
Mit dieser Thematik befaßt sich auch Adam Kuckoff ² in seinem im Jahre 1931 erschienenen Buch "Scherry". Und er kommt dabei zu dem Ergebnis, daß eine gleichberechtigte schöpferische Zusammenarbeit der beiden Künstler nicht möglich sei. Kuckoff ging es dabei weniger um den realen Bezug zu Clown Grock, als vielmehr um die Stellung und die Schaffensproblematik des Clowns an sich unter den Bedingungen der spätbürgerlichen Gesellschaft. So gab Scherry schließlich seine Arbeit auf und zog sich von der Bühne zurück. Eine Konsequenz, die eindeutig den Arbeitsbedingungen und den gesellschaftlichen Verhältnissen geschuldet ist...
Quellenangabe:
¹ Gisela Winkler, Nachbemerkung, in: Max von Emden,
Im Schatten eines Clowns, Henschelverlag Berlin, S.106.
Im Schatten eines Clowns, Henschelverlag Berlin, S.106.
³ Gisela Winkler, a.a.O., S. 107.
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Dienstag, 22. März 2011
Montag, 14. März 2011
Der Spielleiter
Für jede Theaterinszenierung, jede Zirkusvorstellung gibt es einen, der Regie führt, der den Darstellern ihre jeweilige Rolle zuweist und dem ganzen Stück Stil und Ausdruck verleiht. So gesehen ist er der wichtigste Mann. Er tritt aber selbst (im Gegensatz zum Dirigenten) während der Auführung nicht in Erscheinung. Je genauer die Vorbereitung, der Programmablauf konzipiert und einstudiert ist, desto sicherer, lockerer und ausdrucksstärker ist die Vorstellung, desto größer ist der Erfolg der Akteure. Das merke ich bei jedem Zirkusprojekt, das ich mit Kindern im Grundschulalter durchführe: ...desto größer ist am Ende der Spaß! Ohne strenge Disziplin ist das allerdings nicht möglich. Aber auch während der Proben kommt der Spaß nie zu kurz. Alexander Tairow beschreibt es so:
Die Theaterkunst ist eine Kunst der Handlung.
Sie wird auf der Bühne durch den Handelnden, durch den Schauspieler verwirklicht, der sich mithin als der einzige und unumschränkte Träger der Theaterkunst erweist.
Welche Rolle fällt nun in diesem Falle dem Spielleiter, dem Regisseur zu? Worin bestehen seine Funktionen? Worauf beruht seine Notwendigkeit?
Die Theaterkunst ist eine Kollektivkunst.
Die szenische Handlung ist das Resultat der in ihrem Verlauf heranreifenden Kollisionen, das Resultat der zwischen den einzelnen Handelnden oder zwischen Gruppen von ihnen stattfindenden Wechselbeziehungen und Zusammenstöße.
Damit diese Zusammenstöße keinen zufälligen Charakter tragen, damit die szenische Handlung gesetzmäßig und nicht chaotisch ablaufe, damit sie sich nicht in einander widersprechende, sondern in harmonisch aufeinander abgestimmte Formen ergieße und im Endresultat als ein einheitliches Theaterkunstwerk in Erscheinung treten, ist augenscheinlich ein Jemand nötig, der – dieses Resultat schöpferisch anstrebend – die entstehenden Kollisionen reguliert und ihnen ihre Richtung weist, indem er sie mildert, verstärkt, aufhebt und neu erschafft, um die ganze Handlung zu harmonischer Vollendung zu führen.
Dieser Jemand ist der Spielleiter.
Insofern das Theater ein Produkt kollektiven Schaffens ist, insofern braucht es auch einen Spielleiter, dessen organische Aufgabe darin besteht, das Schaffen der einzelnen Individualitäten zu koordinieren und so eine endliche Harmonisierung zu erreichen.
So war es, so ist es, so wird es sein.
Unter den verschiedensten Masken, unter den verschiedensten Benennungen hat es beim Theater stets einen Spielleiter gegeben und wird es ihn auch in alle Zukunft geben, denn sein Dasein wird vom Wesen der Theaterkunst als einer Handlungskunst und eines kollektiven Schaffens erfordert.
Der Spielleiter ist der Steuermann des Theaters: Er führt das Schiff der Vorstellung, weicht Sandbänken und Riffen aus, überwindet plötzlich auftauchende Hindernisse, kämpft mit Winden und Gegenwinden, läßt die Segel aufsetzen und wieder einziehen und steuert die Vorstellung ihrem vorgesetzten schöpferischen Ziele zu.
Insofern der Spielleiter der Steuermann des Theaters ist, insofern beschränkt er auch zweifellos mehr oder minder die Freiheit aller einzelnen Handelnden.
Quelle:
Alexander Tairow: Das entfesselte Theater, Aufzeichnungen eiens Regisseurs, 1980, Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig und Weimar, S.90.
Dienstag, 22. Februar 2011
Ansichten über Leben und Sterben
Das Lachen ist im Grunde immer ein Ausdruck der inneren Lebensfreude. Es gehört zum Leben wie die Traurigkeit, wie auch das Weinen. Ohne diese Lebensfreude, ohne Humor fällt das Lachen eben schwer. Aber auch das Leben. Mitunter werden Clowns vor eigenwillige Herausforderungen gestellt, die aber sehr wohl auch mit der Lebenseinstellung zu tun haben, die eine eigene, möglicherweise auch eine ganz ungewöhnliche Sichtweise herausfordern. Bekanntlich stehen die sogenannten Klinikclowns vor der schwierigen – aber doch selbstgewählten – Aufgabe, schwerkranke Kinder in Krankenhäusern zu betreuen. Das trifft in ähnlicher Weise auch zu für Clowns, die Patienten am Krankenbett u.a. in Onkologiestationen oder Hospizhäusern besuchen. Eine Aufgabe, die sehr viel Feingefühl erfordert. Sie erfordert Achtsamkeit im Umgang mit anderen.
Ist es nun gewagt, als Clown auch über das Sterben nachzudenken? Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, bei einem Hospizverein einen Vortrag zu halten zum Thema "Sterben und Humor". Hier sind sie nun...
Meine Ansichten eines Clowns
Über Leben und Sterben
Beides sind zwei Seiten des menschlichen Daseins, und sie sind allgegenwärtig. Auch wenn letzteres uns nur selten oder in außergewöhnlichen Situationen zu Bewußtsein dringt: Wenn ein Mensch stirbt, so vollendet sich sein Leben. Das ist oft genug schmerzlich für ihn und seine Angehörigen, für seine Freunde und Bekannten. Denn nicht selten bleiben unerfüllte Wünsche und Hoffnungen zurück, die der Betreffende nicht mehr realisieren konnte. Doch finden auch sie auf irgendeine Weise ihre Fortsetzung – das Leben, sein Werk und sein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Menschheit setzt sich fort. Und was uns bleibt, sind die Erinnerungen an sein Wirken, sein Nachlaß und sein Vermächtnis, welches zu erfüllen und einzulösen uns aufgetragen ist.
Spinoza sagte einst: „Der freie Mensch denkt über nichts weniger als über den Tod, und seine Weisheit ist nicht ein Nachdenken über den Tod, sondern über das Leben.“
Als Clown habe ich den Anspruch, Lebensfreude und Humor zu vermitteln – kurz: das Publikum auf sinnvolle Weise zum Lachen zu bringen. Daß natürlich auch Sterbende auf irgendeine Weise noch mit dem Humor des Lebens verbunden sind, beweist die verantwortungsvolle Arbeit der Klinikclowns auf Kinderkrebsstationen. Und eines ist klar: das betrifft bei weitem nicht nur Kinder, sondern mehr noch die Erwachsenen; es betrifft nicht nur die Sterbenden, sondern nachhaltig vor allem auch deren Angehörige, Eltern und Geschwister, welche natürlich unter dem Dahinscheiden eines geliebten Menschen leiden. So ist in der Tat das Leben die entscheidende Seite jener Medaille, und es hat wenig Zweck, über Versäumtes nachzudenken, wenn man daraus nicht die Konsequenz zöge, es selbst fortan besser zu machen als vielleicht jener, dem diese Chance nicht mehr vergönnt war. Die Nähe des Todes ist so immer auch Anlaß zum Nachdenken über den eigentlichen Sinn des Lebens, den Sinn des eigenen Lebens, selbst wenn für viele Menschen die Gewißheit, einmal sterben zu müssen, fernab und unvorstellbar ist.
So bliebe zu fragen, welche Art von Heiterkeit denn nun angebracht wäre, angesichts des bevorstehenden oder eingetretenen Todes einer nahestehenden Person. Ist sie es überhaupt oder soll man sich ganz der Trauer über den unersetzlichen Verlust hingeben? Mir scheint, Weisheit ist es wohl nicht, den Tod eines Menschen in eine eigene Endzeitstimmung umzumünzen und so den eigenen Schmerz in einen noch allgemeineren Weltschmerz zu steigern, da das die Not eher noch vergrößert.
Was aber nun ist die Philosophie des Clowns?
Das „Lachen unter Tränen“ bleibt dem Bajazzo vorbehalten, der nur schwer seine wesenhafte innere Traurigkeit zu verbergen vermag. Der Clown hingegen lacht aus Freude, er lacht über seine eigene Ungeschicklichkeit oder über die anderer, er lacht über unerwartete, überraschende Einsichten, und – er bringt vor allem andere zum Lachen. Daß dies einer tiefen Lebensfreude entspringt, ist nur zu logisch, denn Pessimismus oder gar eine fatalistische Einstellung entzögen ihn sehr bald der Gunst seines Publikums. (G.J.)
Literaturempfehlung:
Kay Blumenthal-Barby, Wenn ein Mensch stirbt, Ausgewählte Aspekte perimortaler Medizin, VEB Verlag Volk und Gesundheit, Berlin (DDR), 1986
Donnerstag, 10. Februar 2011
...das Ende der Kultur
Wo auf der einen Seite des Globus innerhalb von kürzester Zeit gigantische Bauwerke entstehen, die wie Pilze nach einem warmen Regenguß aus dem Boden schießen, wo ganze Städte aus dem Nichts emporwachsen, da verfallen auf der anderen Seite unserer einst so schönen Erde ganze Landstriche, Häuser und Dörfer. Übrig bleibt der Restmüll einer ganzen Generation. Es ist ein unglaublicher Verschleiß an menschlicher Leistung, an genialer Schöpferkraft, angetrieben durch die immense Zauberkraft des modernen Kapitalismus. Genutzt, verbraucht, verworfen! Alles dient nur dem Profit, es zählt nur der Gebrauchswert – falls das nicht mehr genügt, dann sorgt sich keiner um den Rest. Sei es wie es ist – nach uns die Sintflut!
Und so zeigt sich auch im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten", auf der anderen Seite des großen Teichs, der zunehmende Verfall kultureller Werte – was auch immer man darunter verstehen mag. All das, was einst durch Vergnügungen, mit Bars und Music Halls, mit Shopping Malls und durch "Gemuetlichkeit" belebt war, das steht nur leer. Die hohlen Augen der Fenster glotzen ins Nichts, der Wind pfeift durch die zerbrochenen Fensterscheiben und wirbelt ein paar Fetzen einer übriggebliebenen Gardine umher.
Das ist der Lauf der Zeit, das war's mit der gepriesenen westlichen Kultur unserer "westlichen Wertegemeinschaft" ...oder wie man es auch nennen will. Es sind dies Bilder aus Detroit, einer US-amerikanischen Metropole, welche dereinst bekannt war durch ihre Massenproduktion an Kraftfahrzeugen – heute eine verlassene, eine sterbende, eine gestorbene Stadt. Dem spätbürgerlichen Showbusiness, das noch gebunden war an eine florierende Industrie (die ihre Lebenskraft mitunter sogar zu einem Drittel aus der Rüstungsproduktion bezog), an belebte Straßen und beleuchtete Fassaden, an bewohnte Siedlungen, Hochhäuser, Büros und Bankgebäude, fehlt nunmehr jegliches Publikum, jegliches Leben. Bibliotheken stehen leer, selbst die Bücher finden keine Leser, Wohnungen keine Bewohner, Klaviere keine Pianisten, die Bordells keine Mädchen und die Bars keine zahlenden Trinker mehr. Sogar die Clownerie befindet sich in einer sichtbaren Krise. Was Fast-Food-Ketten derweil noch an "künstlerischem" Niveau aufzubieten haben, gerät mehr und mehr zum langweiligen Geplänkel. Überflüssig – wie eben auch jene bis zum Überdruß abgenuddelten Weihnachtslieder in einem Einkaufszentrum zur Winterzeit. Der Überfluß an Waren ist nicht mehr aufzuhalten, die Kaufkraft sinkt, die Ratlosigkeit in den "Führungsetagen" wächst, es folgt die allgemeine Krisenstimmung, worüber auch die wohlwollenden Berichte der Zeitungen nicht hinwegtäuschen können: Die "Tafeln" werden immer länger, die Löhne immer kürzer, und der Bourgeois wird immer fetter. Der Rest hofft auf seine baldige Pensionierung. Was also tun, sprach Zeus?
Doch – wie dem auch sei – der Zirkus zieht weiter, und auch der Clown muß sich entscheiden: zieht er nun mit, oder bleibt er da. Während sich die Clownerie derweil noch mit billigen Späßen über menschliche Unzulänglichkeiten und körperliche Gebrechen über Wasser hält, die Artistik das gaffende Publikum mit waghalsigen Tricks ins Schaudern versetzt, und die unsägliche, groß aufgezogene Fernseh-Show mit viel Pomp und Rührseligkeit ein verblödetes Publikum auf die bezahlten Plätze im Parkett verweist, wo man recht nett zu lächeln und brav zu applaudieren hat. Während Schönheit zum Kitsch, und Komik zum Ulk verkommt, und das allgemeine Bildungsniveau in den künstlerischen Berufen ins Bodenlose sinkt, spürt man nachgerade diesen Hauch von Vergänglichkeit. Und wer ein wenig mehr an Phantasie besitzt, oder wer eben an ein "DANACH" zu glauben imstande ist, der wird sich ganz eilig verabschieden von diesem dekadenten Treiben und alles tun, um ihm sein mögliches Ende zu erleichtern. (G.J.)
Donnerstag, 3. Februar 2011
Der verlassene Zirkus...
von Sewastopol ist schon ein trauriger Anblick. Die Sowjetunion war dereinst in aller Welt bekannt als ein Eldorado der Zirkuskunst. In jeder größeren Stadt, in jedem Rayon dieses riesigen Landes gab es einen volkseigenen Zirkus. Und die Menschen liebten ihre Artisten, ihre Clowns und Zirkuskünstler. Stets waren die Vorstellungen ausverkauft. Die Eintrittskarten kosteten oft nur wenige Rubel und waren für jeden erschwinglich. Die sowjetische Zirkuskunst hatte Tradition. Nach der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution im Jahre 1917 wurden in der Sowjetunion zahlreiche neue Zirkusse errichtet. Allein bis zum Jahre 1978 gab es in der Sowjetunion 61 feste Zirkusgebäude – teilweise sogar mit Wasserbassin – 15 Wanderzirkusse und unzählige freie Artisten, die in Varietés und in den Estradenprogrammen der Kulturhäuser auftraten.
Was aus dieser berühmten sowjetischen Zirkuskunst geworden ist, das zeigen die folgenden Bilder. So sieht es heute aus. Es ist ein verlassener Zirkus – der Staatszirkus von Sewastopol (Krim).
Über den sowjetischen Zirkus
Erstmals wurde der Zirkus als eine echte Kunst anerkannt, die geeignet ist, die Menschen im Geiste der sozialistischen Ideale zu erziehen. Nunmehr nahmen die Zirkuskünstler einen würdigen Platz in der Reihe der sowjetischen Künstlerpersönlichkeiten ein. Im Dekret des Rates der Volkskomissare "Über die Vereinigung der Theater", das von W.I. Lenin am 26. August 1919 unterzeichnet wurde, wurde das demokratische Wesen des Zirkus bestätigt. Und es wurde festgelegt, daß die Zirkusse von bürgerlichen Banalitäten zu befreien sind. Der Punkt 23 dieses Dekretes besagte: "Die Zirkusse müssen als Betriebe einerseits einträglich, und andererseits für das sie besuchende Publikum demokratisch sein. Insbesondere sollen sie von den ungesunden Elementen befreit und dem künstlerischen Niveau ihrer Programme nach ... den nichtautonomen Theatern angeglichen werden." Im selben Jahre schrieb der Volkskomissar für Bildung, A.W.Lunatscharski, in einem Artikel über "Aufgaben des erneuerten Zirkus" (in der Zeitschrift "Theaterbote", Nr. 3), der sowjetische Zirkus solle die physische Schönheit des Menschen demonstrieren. Er solle scharfsinnige, aktuelle und fortschrittliche satirische Clownerie und Pantomime zeigen, die sowohl der Geschichte, als auch der Phantasie breiten Raum läßt. Der Volkskomissar für Bildung schrieb, daß die große Beliebtheit des Zirkus dazu zwingt, "... über diese Kunstform nachzudenken. Schon allein daher stellt sich die Frage, ob man den Zirkus von überlebten Elementen befreien sollte, offensichtlich über einige veränderte Sichtweisen, zugleich aber auch über die Erhaltung seiner Hauptmerkmale nachdenken sollte. Wenn wir uns den Zirkus näher anschauen, müssen wir sofort die unstreitige Vielgestaltigkeit und den erzieherischen Charakter vieler seiner Bestandteile anerkennen. Der Zirkus ist außergewöhnlich wahrhaftig ... er widerspiegelt die menschlichen Kräfte und Fähigkeiten." (Lunatscharski A.W., Über die Zirkusse, siehe Ausgew. Artikel, Bd. 1, 1958, S. 458-59).
Quelle: "Kleine Enzyklopädie Zirkus, Moskau 1979, S.16, russ.
Об истории советского цирка
Впервые цирк был признан подлинным искусством, которое призвано воспитывать массы в духе социалистических идеалов. Артисты цирка заняли почётное место в общем ряду деятелей советского искусства. В Декрете Совета Народных Комиссаров "Об объединении театрального дела", подписанном В.И. Лениным 26 Августа 1919, утверждалась демократическая сущность цирка, отмечалось, что цирки должны быть очищены от буржуазной пошлости. В 23-м пункте этого декрета говорилось: "Цирки, как предприятия, с одной стороны , доходные, с другой стороны, демократические по посещающей их публике и особенно нуждающиеся в очищении от нездоровых элементов и в художественном подъёме их программ ... администрируются наравне с неавтономными театрами". В том же годы в статье "Задача обновленного цирка" (журнал "вестник театра", Nо.3) народный комиссар просвещения А.В. Луначарский писал, что советский цирк должен быть местом демонстрации физической красоты человека, остроумной, злободневной, по преимуществу сатирической клоунады и пантомимы, обращающейся как к истории, так и к фантастике. Нарком просвещения отмечал, что широкая популярность цирка "...должна была заставить задуматься над этим явлением, уже одна она должна была поставить вопрос, может быть, об очищении цирка, о некотором видоизменении его, но, очевидно, вместе с тем и сохранении его основных черт. Но к тому же, присматриваясь ближе к цирку , мы должны сразу признать бесспорную многозначительности и воспитательный характер многих его главнейших элементов . Цирк есть чрезвычайно правдивое ... зрелище человеческой силы и ловкости" (Луначарский А.В. , О цирках, см. Избр. статьи, т. 1, 1958, с. 458-59).
Смотри: Маленькая энциклопедия "Цирк", Москва 1979, с.16.
Смотри: Маленькая энциклопедия "Цирк", Москва 1979, с.16.
Montag, 24. Januar 2011
Die Kunst des plastischen Ausdrucks
Yvette Gilbert (1867-1944) war eine begnadete Sängerin des fin de siècle, der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Es war dies die Zeit einer sich in der westeuropäischen Kultur offenbarenden Verfalls-stimmung, eine Zeit des Tingeltangels, eine Zeit ulkiger, sentimentaler oder nationalistischer Gesänge. Davon unterschied sich die Gilbert sehr deutlich. In ihren Chansons sprach sie aus, was ihr an dieser Zeit als „häßlich, erbärmlich, tadelnswert, unmenschlich und lasterhaft“ erschien. Und sie begeisterte ein Millionenpublikum. Die "Spielregeln" dieser bemerkenswerten Künstlerin sind nicht neu, doch wir können immer wieder von ihr lernen.
1928 erschien von ihr der Essay über "Die Kunst, ein Chanson zu singen", in dem viel Weisheit und Bühnenerfahrung steckt. Darin schrieb sie:
Übertragen auf den Charakter des Clowns bedeutet das, daß es zwischen dem Clownskostüm und dem Typ, der Gestik und Mimik eine Übereinstimmung geben muß. Man kann nicht gegen die "Maske" spielen, ohne damit zugleich auch ihre Wirkung wieder zunichte zu machen. Und über den Humor, den Sinn für das Komische schreibt sie:
Das ist es auch, wovon gerade die Clownerie lebt. Für Yvette Gilbert ist Komik weit mehr als nur Grimassen zu schneiden oder mit den Augäpfeln zu rollen. Der Sinn für Komik wird gemessen an einem äußerlichen Kriterium, das seine Intensität und Nuancen zeigt: das Lachen!
"Für das 'Komische' braucht man Geist;
für das 'Tragische' Intelligenz und Bildung."
(Yvette Gilbert)
entnommen aus: Yvette Gilbert, Die Kunst ein Chanson zu singen, Berlin 1981.
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