Donnerstag, 10. Februar 2011

...das Ende der Kultur

Wo auf der einen Seite des Globus innerhalb von kürzester Zeit gigantische Bauwerke entstehen, die wie Pilze nach einem warmen Regenguß aus dem Boden schießen, wo ganze Städte aus dem Nichts emporwachsen, da verfallen auf der anderen Seite unserer einst so schönen Erde ganze Landstriche, Häuser und Dörfer. Übrig bleibt der Restmüll einer ganzen Generation. Es ist ein unglaublicher Verschleiß an menschlicher Leistung, an genialer Schöpferkraft, angetrieben durch die immense Zauberkraft des modernen Kapitalismus. Genutzt, verbraucht, verworfen! Alles dient nur dem Profit, es zählt nur der Gebrauchswert falls das nicht mehr genügt, dann sorgt sich keiner um den Rest. Sei es wie es ist – nach uns die Sintflut!

Und so zeigt sich auch im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten", auf der anderen Seite des großen Teichs, der zunehmende Verfall kultureller Werte was auch immer man darunter verstehen mag. All das, was einst durch Vergnügungen, mit Bars und Music Halls, mit Shopping Malls und durch "Gemuetlichkeit"  belebt war, das steht nur leer. Die hohlen Augen der Fenster glotzen ins Nichts, der Wind pfeift durch die zerbrochenen Fensterscheiben und wirbelt ein paar Fetzen einer übriggebliebenen Gardine umher.

Das ist der Lauf der Zeit, das war's mit der gepriesenen westlichen Kultur unserer "westlichen Wertegemeinschaft"  ...oder wie man es auch nennen will. Es sind dies Bilder aus Detroit, einer US-amerikanischen Metropole, welche dereinst bekannt war durch ihre Massenproduktion an Kraftfahrzeugen –  heute eine verlassene, eine  sterbende, eine gestorbene Stadt. Dem spätbürgerlichen Showbusiness, das noch gebunden war an eine florierende Industrie (die ihre Lebenskraft mitunter sogar  zu einem Drittel aus der Rüstungsproduktion bezog), an belebte Straßen und beleuchtete Fassaden,  an bewohnte Siedlungen, Hochhäuser, Büros und Bankgebäude,  fehlt nunmehr  jegliches Publikum, jegliches Leben. Bibliotheken stehen leer, selbst die Bücher finden keine Leser,  Wohnungen keine Bewohner, Klaviere keine Pianisten, die Bordells keine Mädchen und die Bars keine zahlenden Trinker mehr. Sogar die Clownerie befindet sich in einer sichtbaren Krise. Was Fast-Food-Ketten derweil noch an "künstlerischem" Niveau aufzubieten haben, gerät mehr und mehr zum langweiligen Geplänkel. Überflüssig – wie eben auch jene bis zum Überdruß abgenuddelten Weihnachtslieder in einem Einkaufszentrum zur Winterzeit. Der Überfluß an Waren ist nicht mehr aufzuhalten, die Kaufkraft sinkt, die Ratlosigkeit in den "Führungsetagen" wächst, es folgt die allgemeine Krisenstimmung, worüber auch die wohlwollenden Berichte der Zeitungen nicht hinwegtäuschen können: Die "Tafeln" werden immer länger, die Löhne immer kürzer, und der Bourgeois wird immer fetter. Der Rest hofft auf seine baldige Pensionierung. Was also tun, sprach Zeus?

Mit einem dümmlichen Grinsen schiebt sich die rothaarige Fratze eines Clownsgesichts durch den Türspalt, eine Stimme flötet: "Hallohoo –  Hallöööchen!". Und man ahnt, daß dieser Typ in einer guten Stunde seine miefigen Socken im Sessel vor dem Fernseher ausziehen, und wenig später rülpsend sein lauwarmes Bier hinunterkippen wird. Ob das nun die Erfüllung eines Lebens ist? Man weiß es nicht. Vielleicht denkt dieser bedauernswerte Kerl darüber selber nicht mal nach.

Doch – wie dem auch sei der Zirkus zieht weiter, und auch der Clown muß sich entscheiden: zieht er nun mit, oder bleibt er da. Während sich die Clownerie  derweil noch mit billigen Späßen über menschliche Unzulänglichkeiten und körperliche Gebrechen über Wasser hält, die Artistik das gaffende Publikum mit waghalsigen Tricks ins Schaudern versetzt, und die unsägliche, groß aufgezogene Fernseh-Show mit viel Pomp und Rührseligkeit ein verblödetes Publikum auf die bezahlten Plätze im Parkett verweist, wo man recht nett zu lächeln und brav zu applaudieren hat. Während Schönheit zum Kitsch, und Komik zum Ulk verkommt, und das allgemeine Bildungsniveau in den künstlerischen Berufen ins Bodenlose sinkt,  spürt man nachgerade diesen Hauch von Vergänglichkeit. Und wer ein wenig mehr an Phantasie besitzt, oder wer eben an ein "DANACH" zu glauben imstande ist, der wird sich ganz eilig verabschieden von diesem dekadenten Treiben und alles tun, um ihm sein mögliches Ende zu erleichtern. (G.J.)

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