Eine Bildbetrachtung
Nur selten haben solcherart ausdrucksstarke Wandbilder aus der DDR die Bilderstürmerei der letzten Jahre im vereinten Deutschland überlebt. Eines davon ist das Gemälde von Kurt-Hermann Kühn im Festsaal des Neuruppiner Krankenhauses*. In sieben großflächigen Bildern, von denen eines unvollendet blieb, stellt der Maler die ihn bewegenden Motive seiner Zeit dar. Ausgehend von den humanistischen Traditionen der griechischen Antike und Philosophie sind dies die ewige Sehnsucht der Menschen nach Glück und Frieden und der Wunsch nach freier Entfaltung von Kunst und Wissenschaft. Doch mahnend und anklagend zugleich steht auf der anderen Seite das Bild von Krieg und Gewalt – nicht verblaßt ist in ihm die Erinnerung an die gerade erst überwundene Nacht des deutschen Faschismus, an die KZ's von Ravensbrück und Sachsenhausen, von welchen aus die SS einst aus Furcht vor der näherrückenden, befreienden Roten Armee Tausende ausgemergelter Häftlinge auch durch die Straßen Neuruppins trieb und unzählige von ihnen ermordete. Somit reicht der Spannungsbogen von Platon über Michelangelo und Einstein bis hin in die damals noch sozialistische Gegenwart, letztere repräsentiert durch zwei ihrer würdigsten Vertreter, den Dichter und Kulturminister Johannes R. Becher und den Komponisten Hanns Eisler. Und wohl kaum ahnend wie es einmal enden würde, zitiert Kurt-Hermann Kühn in einer seiner letzten Erklärungen kurz vor dem Untergang der DDR einen Ausspruch Stephan Hermlins aus den Gründerjahren dieses Landes: „Die Zeit der Tauben bricht an“. Jeder müsse das Seine dafür tun – für ein Zeitalter der Tauben.
Festsaal der Ruppiner Kliniken |
Todesmarsch der KZ-Häftlinge |
Johannes R. Becher und Hanns Eisler |
„Die Funktion der Wahrheit“, so schreibt der damalige Ärztliche Direktor des Krankenhauses und Freund des Malers, OMR Dr. med. Claus Oppel, „und der Umgang mit ihr war unser Lieblingsthema, wohl deshalb, weil ihr Kriterium die Praxis ist.“ Das wußte und daran erinnerte schon Lenin. Und wenn die Bedrohung der Menschheit durch Krieg und Gewalt inzwischen
wieder neue Nahrung erhielt – unsterblich
ist und bleibt der Traum von einer gerechten, von einer lebenswerten
Welt, in der nicht das Geld, sondern die Menschlichkeit regiert. Es ist ein jahrtausendealter Traum, ein berechtigtes Streben der Menschheit. Dies alles preiszugeben, weil es nun nicht mehr so leicht ist, die Wahrheit zu erkennen und weil man es im Nachhinein für einen Irrtum hielt, sich dafür eingesetzt zu haben, kommt dem Verrat an den Millionen Unterdrückten und Geknechteten, einem Verrat an unzähligen heldenhaften Kämpfern für die Befreiung der Menschheit von Ausbeutung, Krieg und Faschismus gleich. Und das kann man sehr wohl als „moralisches Versagen“ bezeichnen. Im Geleitwort zu
der schön gestalteten Informationsbroschüre schreibt der
langjährige und verdienstvolle Geschäftsführer der Ruppiner Kliniken
Horst-Michael Arndt: „Mit
diesen Arbeiten Kurt-Hermann Kühns besitzt die Stadt Neuruppin ein
Kleinod, das weit über die Zeit seiner Entstehung hinaus wirken wird.“
Dem gibt es nichts hinzuzufügen.
Dem gibt es nichts hinzuzufügen.
Der Traum der Menschheit |
* Nunmehr bereits das sechste Jahr hintereinander hatte ich das Vergnügen anläßlich des Neuruppiner Sommerfestes als Clown dabeizusein. Der Festsaal diente mit dabei als "Künstlergarderobe".
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